Gloria
Sebastián Lelio, Chile, 2013o
Office worker Gloria is 58, divorced and single. The children have left home, the evenings are getting long, but she still has a zest for life and adventure. Gloria throws herself into singles parties, with mixed feelings and results. Her acquaintance with the adventure park operator Rodolfo could eventually become something more. But Rodolfo is constantly besieged on the phone by the daughters of his wife, from whom he has been separated for some time. Is he the right one?
Haben Sie den amerikanischen Film Gloria Bell (2018) mit Julianne Moore irgendwann im Kino oder auf cinefile gesehen? Moore spielt darin eine alleinstehende Frau Ende fünfzig, die ihr Bedürfnis nach Zweisamkeit, Zärtlichkeit und Sex nicht einfach ad acta legen will – ein schöner Film zu einem Thema, das viele Frauen und Männer in diesem Alter umtreibt. Nur: Gloria Bell ist das Remake des chilenischen Films Gloria von 2013, der noch besser ist. Warum? Weil das Original die ungebrochene Lebenslust dieser Frau, ihren Frust mit einem vielversprechenden neuen Partner, der letztlich so unreif wie unfrei ist, sowie die resultierende Krise kompromissloser und authentischer zeichnet. Gloria, verkörpert von der umwerfenden Paulina García, darf hier nicht bloss intelligent, verschmitzt und eine verkappte Discoqueen sein, sondern auch dem Alkohol und gelegentlichem Kiffen nicht abgeneigt. Und wenn sie sich mit dem Mut unterschwelliger Verzweiflung noch immer in One-Night-Stands stürzt oder in Affären mit beschränkter Perspektive verstrickt, sehen sie und ihre Partner dabei aus, wie die meisten in diesem Alter eben aussehen. Auch Glorias Krise im letzten Drittel des Films geht im Original tiefer, und ihr Comeback – natürlich zum gleichnamigen Discohit von Umberto Tozzi – beschwingt umso mehr. Der Regisseur und Co-Autor des Films, Sebastián Lelio, war übrigens ganze 38 als er dieses stimmige Porträt einer 58-Jährigen inszenierte. Fünf Jahre später drehte er auch das US-Remake, dazwischen gewann er mit Una mujer fantastica den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film.
Andreas FurlerKinofilme über «Best Ager» neigen gern zum Schmalz. Aber der Chilene Sebastián Lelio versteht es, uns das Drama einer 58-jährigen Frau zu vermitteln, die den Aufstand der Gefühle und des Lebens gegen Härte und Kälte und Alter probt. Entschieden sucht sie die Liebe und bleibt trotz allen Rückschlägen beharrlich. Für ihre unsentimentale Darstellung der Heldin erhielt Paulina García denn auch den Silbernen Bären der Berlinale -- völlig zu Recht.
Pascal BlumGloria ist Ende fünfzig, geschieden - aber immer noch tapfer auf der Suche nach dem Glück. Sebastián Lelio folgt ihr durch ihren Alltag, was auf den ersten Blick brav naturalistisch anmutet, wenn nur die vielen surrealen Momente nicht wären. So ist es mit dem Film wie mit Gloria: Sie wirkt ganz durchschnittlich und ist gleichzeitig ganz besonders. Paulina Garcia wurde für ihre Darstellung bei der Berlinale 2013 mit dem Silbernen Bären geehrt - zu Recht.
Martina Knoben