Una noche sin luna
Germán Tejeira, Uruguay, 2014o
On New Year's Eve three men are on their way to a small town in Uruguay: The divorced taxi driver César tries to win back the love of his daughter Lucia. The magician Antonio gets stuck on his way to a New Year's Eve performance and spends the night together with the toll inspector Laura. The folklore singer Miguel is in prison, but gets a day off for the turn of the year to be able to perform in front of an audience once again.
Ein Zauberkünstler, der an einer Mautstelle sein Kaninchen verliert und ein Herz gewinnt; ein Musiker auf Gefängnisurlaub, dem ein zerstreutes Publikum anfänglich nicht zuhören will; ein geschiedener Taxifahrer, dem nach langer Fahrt mehr Zeit als erwartet mit seinem Töchterchen geschenkt wird: Es braucht etwas Geduld, bis man bei diesem filigran gesponnen Erstling aus Urugay merkt, wie die drei Plots zusammenspielen und worin - abgesehen von einem Stromausfall - ihre gemeinsame Pointe besteht. Dreimal sind die Protagonisten gänzlich unspektakuläre, in die Jahre gekommene, Männer, die keine grossen Worte über Verlorenes machen, dreimal beschert ihnen diese mondlose Silvesternacht etwas, mit dem sie nicht mehr gerechnet hatten. Germán Tejeira erzählt diese Geschichten über die unverhofften Geschenke des Lebens mit leiser Melancholie, feinem Humor und einer gut verträglichen Prise Sentimentalität. Feines lateinamerikanisches Autorenkino par excellence.
Andreas FurlerGalleryo
Die Wettbewerbjurys des 10. Zurich Film Festival haben ihre Goldenen Augen vergeben. Aus Schweizer Sicht war die Preisverleihung eine überaus erfolgreiche Ausgabe.
Darum gings ja am Ende doch auch am 10. Zurich Film Festival: Die Jurys der drei Wettbewerbssektionen – internationaler Spielfilm, internationaler Dokumentarfilm und Fokus Schweiz, Deutschland, Österreich – haben die Gewinner der Goldenen Augen bestimmt. Der Preis für den besten internationalen Spielfilm (25'000 Franken) ging an das Episodendrama «Una Noche Sin Luna» von Germán Tejeira aus Uruguay. Die Melancholie einer silversternächtlichen Einsamkeit – eine unter vielen Melancholien am diesjährigen Festival – überzeugte die Jurorinnen und Juroren unter dem Präsidium der dänischen Regisseurin Susanne Bier durch seine intensive Stimmung. Eine spezielle Erwähnung erhielt der kühle, bedrohlich lakonische Film «The Drop» von Michaël R. Roskam (USA).
Erfolg für die Schweiz
Das Goldene Auge für den besten Dokumentarfilm (und ebenfalls 25'000 Franken) gewann «Toto si surorile lui» («Toto and his sisters») von Alexander Nanau. Eine gute Entscheidung. Der rumänische Filmemacher ist ins Bukarester Prekariat hinuntergestiegen, nicht gerade ins völlige Elend, aber in eine Verlorenheit, in der sich kaum etwas bewegt oder Aussicht besteht auf ein bewegteres Leben. Junkies spritzen sich dort neben dem neunjährigen Toto das Heroin, das ihnen seine älteste Schwester verkauft hat, und mancher wünscht sich, verhaftet zu werden, weils im Gefängnis ein nahrhafteres Frühstück gibt.
Besser wirds erst, als das rumänische Sozialwesen Toto hilft, sein Talent für den Hip-Hop-Tanz zu entdecken. Es kommt da zur Korrektur einiger Vorurteile, denn die Bilder rumänischer Waisenhäuser in der Aera Ceaucescu sitzen auch noch im mitteleuropäischen Kopf. Das Ende ist offen, es trägt bei zu einem differenzierten Bild der rumänischen Wirklichkeit. Einen Erfolg für die Schweiz gab es im Wettbewerb «Fokus Schweiz, Deutschland, Österreich». Hier wurde mit einem Auge und 20'000 Franken die Dokumentation «Children of the Arctic» des Zürchers Nick Brandestini ausgezeichnet: ein Film über den nördlichsten Norden Alaskas, wo vielleicht kein Hund begraben sein möchte, aber doch Kinder leben und hoffen und mit ihren Hoffnungen erwachsen werden.
Publikumspreis an Film über den Tod
Der neu geschaffene Förderpreis für den Schweizer Film - verbunden mit einem Preisgeld von 10'000 Franken - ging an den Spielfilm «Bouboule» des Regisseurs Bruno Deville. Die Coming-of-Age-Geschichte handelt von einem 12-jährigen übergewichtigen Jungen, der sich von seinem Aussenseitertum befreit. «Bouboule» startete wie der Film «Chrieg» des Zürchers Simon Jaquemet im internationalen Spielfilmwettbewerb, wo die beiden Streifen allerdings leer ausgingen.
Die Zuschauer verliehen den Publikumspreis an den Schweizer Dokumentarfilm «Zu Ende Leben». Rebecca Panian begleitet darin einen Mann, der an einem Tumor leidet. Zugleich machen sich in ihrem Film bekannte Schweizer Persönlichkeiten wie Franz Hohler oder Pedro Lenz Gedanken zum Tod.
Der Preis der Schweizer Filmkritiker und Filmkritikerinnen für den besten Erstlingsfilm ging an den schwedisch-norwegischen Spielfilm «Svenskjävel» («Underdog») von Ronnie Sandahl.
Insgesamt zeigte das Zurich Film Festival bei seiner Jubiläumsausgabe 145 Filme aus 29 verschiedenen Ländern. 17 davon waren Weltpremieren, 14 stammten von Schweizer Filmschaffenden.
Illustre Jury
Auch an seine Ehrengäste vergab das Festival Goldene Augen. Den Golden Icon Award erhielt mit US-Schauspielerin Diane Keaton erstmals eine Frau, der Lifetime Achievement Award ging an den deutschen Filmmusikkomponisten Hans Zimmer. Weiter kamen die französische Regisseurin Claire Denis, Schauspieler John Malkovich und Produzent Michael Shamberg zu Ehren.
Zahlreich waren einmal mehr nicht nur die Stars - Cate Blanchett war da, ebenso Antonio Banderas, Benicio del Toro, Liam Neeson oder Fatih Akin - auch die Jury setzte sich aus illustren Gästen zusammen. Den Vorsitz der Spielfilm-Jury hatte die dänische Filmemacherin Susanne Bier («Brothers»), in der Jury der Reihe «Fokus Schweiz, Deutschland, Österreich» sass Iris Berben.