Der vermessene Mensch
Lars Kraume, Germany, 2023o
Berlin 1896: Alexander Hoffmann is an ambitious ethnology doctoral student and wants to follow in the footsteps of his father, who died in Africa. He makes the acquaintance of a Herero delegation presented to Kaiser Willhelm as a subjugated people and exotic attraction. His approach to one of the Herero women strengthens his conviction that the "savages" are not an inferior race. When the Kaiser orders a campaign against the rebellious Herero in German South-West Africa in 1904, Hoffmann goes along as an ethnological escort. The war demands much more of him than he ever imagined.
Mit den Politdramen Der Staat gegen Fritz Bauer und Das schweigende Klassenzimmer hat sich der deutsche Regisseur Lars Kraume einen Namen als kritischer Chronist seines Landes gemacht. Der vermessene Mensch setzt diese Linie fort und taucht ein in die Zeit des deutschen Imperialismus um 1900, als sich die sprichwörtlich "verspätete Nation" daran machte, auch noch eine Reihe kolonialistischer Pfründe zu ergattern, die sich aus heutiger Sicht als rassistische Schandtaten und Vorboten der Nazizeit ausnehmen. Konkret geht es um einen Berliner Ethnologen, der sich bei der Zurschaustellung unterworfener westafrikanischer Hereros in eine der schwarzen Frauen verguckt und als Antirassist in seiner Zeit negativ auffällt. Als er 1904 einen Feldzug der Deutschen gegen die aufständischen Hereros als Forscher begleitet, wendet sich das Blatt: Der Krieg kehrt nebst guten Absichten auch das Schlechteste in ihm hervor. Kraume erzählt diese antikolonialistische Saga aufwändig und überraschungsreich. Ein Lehrstück? Gewiss, doch ein fesselndes.
Andreas Furler