Wicked Little Letters
Thea Sharrock, UK, 2024o
Lively Rose has little in common with pious Edith, except that they are neighbours in an English seaside town in the 1920s. One day, Edith and others in the town receive offensive letters peppered with nasty accusations in foul language. Suspicion immediately falls on Rose. While Scotland Yard gropes in the dark and more scandalous letters follow, the women begin to investigate themselves under the guidance of a policewoman.
Angelsächsische Fernsehanstalten warnen bei manchen Filmen vor "swearing and foul language" (Flüchen und Vulgärsprache), im Kino führen solch anstössige Dialoge mitunter zu einer strengeren Einstufung. Wicked Little Letters wird es diesbezüglich schwer haben, denn das Drehbuch übt sich unablässig und genüsslich in Wendungen von höchstem Derbheitsgrad. Die Unflätigkeiten füllen beleidigende Briefe, die Edith (Olivia Colman) in einem kleinen britischen Küstenort der 1920er Jahre fast täglich in ihren Briefkasten vorfindet. Sie und die ganze gesittete Dorfgemeinschaft sind sich sicher, die Absenderin zu kennen: Die Schreiben können nur von Ediths frecher, feindseliger und saftig vulgärer Nachbarin (Jessie Buckley) stammen, die obendrein mit einem Schwarzen liiert und zu allem Übel auch noch Irin ist. Es geht nicht lange, bis weitere Personen aus Ediths Umkreis anstössige Post bekommen. Die leichte Komödie der Britin Thea Sharrock, die mit historischen Settings schon von der Romanze Me Before You und der Hebammen-Serie Call the Midwife Erfahrung hat, weiss mit gutem Rhythmus und ein paar Überraschungen zu gefallen: mal Sozialsatire, mal Detektivgeschichte, mal Gerichtsfilm. Die Rollenverteilung ist, wie bei Komödien üblich, plakativ, doch das Schauspielensemble agiert mit der souveränen Verve, die auch auf guten Volkstheaterbühnen zu finden ist – am lustvollsten Olivia Colman, die sich nach Dramen wie The Queen und The Father auch als vielseitige Komödiantin erweist.
Till Brockmann