Spectateurs!
Arnaud Desplechin, France, 2024o
What does it mean, to go to the movies? Why have people been going for over one hundred years? I set out to celebrate movie theaters and their manifold magic. So I walked in the footsteps of young Paul Dédalus, as if in a filmgoer’s coming-of-age story. Memories, fiction, discoveries come together in an irrepressible torrent of pictures.
Spectateurs! ist die Hommage eines Filmemachers an seine Lieblingskunst, ein Film-Essay, der die meisten Cinephilen begeistern wird und gleichzeitig versucht, so „demokratisch“ wie möglich zu sein. Zwischen François Truffaut (im Stil der Abenteuer des Antoine Doinel) und Jean-Luc Godard (im Stil der Histoire(s) du cinéma) schlägt Arnaud Desplechin hier eine Reise zwischen Autobiografie und Theorie vor, ein grosses Chaos an anregenden Ideen unter der Ägide des amerikanischen Philosophen Stanley Cavell, der postulierte, dass unsere Erfahrungen als Zuschauer:innen ein integraler Bestandteil unseres Lebens sind. Zu diesem Zweck reaktiviert der Regisseur Paul Dedalus, sein gelegentliches Alter Ego – hier von vier jungen Schauspielern und der Off-Stimme von Mathieu Amalric verkörpert – und versucht gleichzeitig, seinen Stoff in 11 Kapiteln zu organisieren. Das reicht von einem kurzen Rückblick auf die Erfindung des Kinos und die erste Vorstellung des kleinen Paul, der von seiner Grossmutter zu Fantomas mitgenommen wird, bis hin zur Entdeckung seiner Berufung und der Analyse der Eröffnungssequenz von Les 400 coups. Rund fünfzig Ausschnitte (die vor dem Abspann nicht genannt werden) durchziehen den Essay, dominiert vom für den Autor entscheidenden Schock des Films Shoah. In lyrisch-melancholische Musik getaucht und mit einprägsamen Sequenzen gespickt, bleibt das Ganze etwas verwirrend. Man spürt jedoch die Leidenschaft, diese mysteriöse siebte Kunst immer wieder zu hinterfragen. Die Wette, alle Menschen in ihrer intimen Beziehung zum Kino anzusprechen, gewinnt Desplechin auf alle Fälle.
Norbert CreutzGalleryo


