Les amants du Pont-Neuf
Leos Carax, France, 1991o
The homeless Alex lives on the oldest bridge in Paris, the Pont-Neuf, and keeps his head above water as a fire-eater. One day he meets the young artist Michèle, who can no longer paint due to an eye disease and has given herself up completely. On the bridge, both can escape from the harsh reality that seems to hold nothing but suffering in store for them.
Kaum dreissigjährig und nur mit zwei kleineren Arthouse-Erfolgen im Gepäck, machte sich der Franzose Leos Carax mit diesem Obdachlosen-Melodram an eine der ausuferndsten Produktionen des neueren französischen Kinos. Carax durfte auf dem Pont-Neuf drehen, als dieser wegen Bauarbeiten gesperrt war, wurde aber nicht rechtzeitig fertig und liess die älteste Pariser Brücke mitsamt der Seine und den angrenzenden Strassenzügen kurzerhand in der Camargue nachbauen. Grandiosität und Grössenwahn verschränken sich auch im resultierenden Film. Mit delirierenden Bildern und Anspielungen auf die Urkräfte Feuer und Wasser sowie die cineastischen Urahnen Vigo, Renoir & Chaplin entfacht er einen poetischen Taumel um die Liebe seiner zwei Borderline-Figuren, die zusammen mit dem poète maudit hinter der Kamera ein heimliches Dreieck bilden. Der Regisseur drehte seit seinem Erstling Boy Meets Girl (1984) vorzugsweise mit seinem filigranen Alter Ego Denis Lavant und war seit Mauvais sang (1986) mit Juliette Binoche liiert.
Andreas FurlerLes Amants du Pont-Neuf is a truly amazing film, and in retrospect one of the key films of the ‘90s – an epic of love, art, death and crazy camera angles that recalls the similarly grand folly of Abel Gance’s Napoleon (1927) – an extravagant, unforgettable testament.
Adrian MartinEin ausufernder Bilderreigen von bemerkenswerter dokumentarischer Schärfe, der vor dem Hintergrund einer kraftvoll erzählten Liebesgeschichte auch eine treffende Milieuzeichnung vornimmt, die sich oft an der Grenze zum Traumartigen bewegt. Den Impressionen aus dem Obdachlosenasyl, die im gelblichtigen Schein der Straßenlaternen ertrinken, wohnt derselbe romantische Zauber inne wie etwa den feurigen, zuweilen tief melancholischen Ansichten von Gauklern und Zirkusartisten des frühen Picasso.
Tobias RadlingerLa qualité principale des Amants du Pont-Neuf est de nous parler de ces sans-abris qu'autrefois on appelait clochards. Leos Carax nous narre une histoire d'amour simple dont les héros sont des déshérités. Il le fait sans misérabilisme aucun ni traitement documentarisant. Il veut juste raconter cette histoire simple, et s'y prend d'une façon très naturelle. Aucun violon n'est utilisé, nous sommes touchés simplement par cette romance qui surprend ces deux êtres ayant perdu tout espoir et ne cherchant a priori pas de quelconque reconstruction. Michèle a perdu un œil, Alex se blesse au pied, à la main. Ils se soûlent pour oublier, vivent intensément, au jour le jour, sans contrainte. La poésie affleure à chaque instant, au détour d’une course effrénée ou d’une déclaration d‘amour pudique.
Neil