L'Eclisse
Michelangelo Antonioni, Italy, France, 1962o
A new neighbourhood in Rome shortly after 1960: the beautiful translator Vittoria leaves her boyfriend and shortly afterwards meets the attractive stockbroker Piero, whose clients include Vittoria's speculating mother. Piero endeavours to woo Vittoria casually at first, then with increasing intensity, but she doesn't know what she wants. What's more, even among her friends, she is repeatedly overcome by mood swings that seem to come out of the blue.
Die Handlung dieses Films passt in einen Satz: Vittoria, eine schöne junge Frau in einem römischen Neubauquartier um 1960, verlässt ihren Freund und bändelt etwas später mit dem schönen Börsenmakler Piero an, ohne recht zu wissen, ob sie das wirklich will. Gerade dieses rudimentären Plots wegen ist L'eclisse einer der radikalsten und berühmtesten Filme der westlichen Nachkriegsmoderne: Michelangelo Antonioni fokussiert nicht auf die Figuren, sondern auf ihre Lebenswelt. An ihr zeigt er, dass sich etwas Fundamentales gewandelt hat: Verschwunden die Insignien der alten Zeit und Autoritäten, die Glocken und Weihrauchwedel, die Kutschen und Kronen, Uniformen, Statuen und Rituale, welche Hierarchien schufen und Tiefsinn zumindest suggerierten. An ihrer Stelle finden sich bei Antonioni Ventilatoren, Baugerüste, Wassertürme, Sprinkler- und Flutlichtanlagen, dazu die Geräusche von klackernden Absätzen, klirrenden Stahlseilen an Fahnenstangen, ins Leere schellenden Telefonen und endlos zirkulierenden Bussen. Die Symbole dieser neuen Zeit werden von Antonioni und dem früh verstorbenen Kameragenie Gianni Di Venanzo in gestochen scharfem, hochnuanciertem Schwarzweiss fotografiert und zu wunderbaren Kompositionen montiert. Sie und die neuen Häuser und Avenuen erschöpfen sich in ihrer Funktionalität, die Menschen wirken zwischen ihnen verloren. Daher das Malaise, das die makellose Monica Vitti als Vittoria immer wieder befällt. Ihr Gegenstück ist Alain Delon, der als Piero von aalglatter Eleganz und Effizienz ist. Seine Welt der Geschäftigkeit inszeniert Antonioni genau in der Filmmitte mit realen Börsenhändlern als gigantischen Zirkus der Theatralik. Einmal nimmt Piero Vittoria mit in die Wohnung seiner Eltern, wo sich die Symbole der alten Zeit ballen wie in einer Rumpelkammer, einmal in sein Büro, wo er die Telefone eine halbe Liebesstunde pausieren lässt. Dann verabreden sich die zwei für den Abend. Der Rest ist Schweigen und eines der denkwürdigsten Enden der Filmgeschichte. Es handelt, vollkommen wortlos und unvergesslich bildhaft, von der Flüchtikgeit der Beziehungen in dieser funktionalen neuen Zeit.
Andreas Furler