The Girl with the Dragon Tattoo
David Fincher, USA, Norway, Sweden, 2011o
This English-language adaptation of the Swedish novel by Stieg Larsson follows a disgraced journalist, Mikael Blomkvist, as he investigates the disappearance of a weary patriarch's niece from 40 years ago. He is aided by the pierced, tattooed, punk computer hacker named Lisbeth Salander. As they work together in the investigation, Blomkvist and Salander uncover immense corruption beyond anything they have ever imagined.
Stieg Larsson bietet sich offenbar für Verfilmungen an: Nach den schwedischen Adaptionen nimmt sich Hollywood das erste Buch der «Millennium»-Reihe vor: Der Krimi-Plot bleibt verwirrend, aber das Faszinierende ist die Beziehung des machistischen Reporters mit der bisexuellen Querschlägerin. Bond-Darsteller Daniel Craig und die unbekannte Rooney Mara sind eine Wucht, und «Seven»-Regisseur David Fincher versteht sich wie kein Zweiter aufs Serienmörder-Kino.
Ein Journalist und eine Hackerin spüren den düsteren Geheimnissen einer großbürgerlichen schwedischen Familie nach und geraten in einen Sumpf aus Mord und Gewalt, der bis in die Nazi-Zeit zurückreicht. Weniger eine genaue Verfilmung des Kriminalromans von Stieg Larsson als ein filmisch weiter verdichtetes Remake der schwedischen Kinoadaption von Niels Arden Oplev (2009), die dank der konsequenteren und stimmungsvolleren visuellen Umsetzung sowie der klugen Gewichtung der Erzählstränge noch über diese hinausgeht. Eine ebenso spannende wie vielschichtige Reise in die Untiefen der bürgerlichen Gesellschaft.
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Nach «Fight Club» und «Zodiac» verfilmt Fincher nun den ersten Band der «Millennium»-Trilogie. Auf die Zürich-Episode mochte er nicht verzichten, wichtiger ist ihm aber die Beziehung zwischen der 22-jährigen Hackerin und dem 45-jährigen Journalisten.
Mr Fincher, wie sind Sie auf «The Girl with the Dragon Tattoo» gekommen?
Vor sechs Jahren sagte mir eine Produzentin: «Lies das! Es geht um eine lesbische Hackerin in Stockholm, die Nazis bekämpft.» Ich dachte: «Verflucht, wie soll ich so was einem Studio verklickern?» Fünf Jahre später hatte sich das Buch 25 Millionen Mal verkauft.
Sie haben schon Chuck Palahniuks «Fight Club» und Robert Graysmiths «Zodiac» verfilmt. Was macht eine gute Literaturverfilmung aus?
Grundsätzlich sollen Filme beim Publikum Gefühle auslösen, aber im Falle einer Buchadaptation möchte ich auch die intellektuellen Absichten des Autors zum Ausdruck bringen.
Hat das die schwedische Verfilmung nicht getan?
Sie gibt nicht das wieder, was ich beim Lesen gespürt habe: Mir erscheint Lisbeth Salander eher wie ein Kind. Mit ihrer stoischen Wut in der schwedischen Version konnte ich mich nicht anfreunden. Und die Figur Blomkvist war mir zu heroisch. Der Typ hat auch etwas Lächerliches.
Fiel Ihnen das Kürzen des Buchs schwer?
Wir haben versucht, möglichst wenig zu streichen. Auf Lisbeths Abstecher nach Zürich konnte ich zum Beispiel nicht verzichten, auch wenn der nicht sonderlich spannend ist.
Zürich gilt als schwierig für Dreharbeiten.
Je schöner eine Stadt ist, desto weniger eignet sie sich für Filmarbeiten. Los Angeles ist hässlich, also können Transformers es zerdeppern. Zürich dagegen ist deshalb so schön, weil keine beschissenen Filmcrews die Stadt ruinieren!
Weshalb haben Sie den Hauptteil der Geschichte nicht nach Amerika verlegt?
Ein 45-Jähriger, der eine Beziehung mit einer 22-jährigen Lesbe eingeht … also in Texas können Sie so etwas nicht erzählen.
Glauben Sie, dass diese ungewöhnliche Beziehung den Erfolg des Buches ausmachte?
Larsson hat sehr genau erkannt, wie Frauen Männer beeinflussen, und umgekehrt. Im Kern geht es um Geschlechterbeziehungen, wobei durch Blomkvists nuttenhaftes Verhalten die Klischees auf den Kopf gestellt werden.
Die Szene der Vergewaltigung von Lisbeth Salander ist fast nicht auszuhalten! Der Schauspieler, der den Vergewaltiger spielt, soll nach dem Dreh so verstört gewesen sein, dass er sich in seinem Hotelzimmer einsperrte.
Das scheint mir eine übertriebene Darstellung zu sein. Es war vor allem für Rooney Mara, die Salander darstellt, eine sehr schwierige Szene. Während der zwei Tage, an denen wir diese Szene drehten, befand sie sich in einer sehr unangenehmen Lage. Wir mussten Kameras und Objektive wechseln, während sie nackt und angekettet auf einem Bett lag.
Wie viele Takes haben Sie für diese Szene benötigt? Weshalb lachen Sie?
Sagen wir einfach: Die Anzahl Takes geht Sie nichts an!
Ich frage, weil Sie berühmt dafür sind, bis zu hundert Takes zu brauchen.
Mir ist es wichtig, dass die Bewegungsabläufe der Schauspieler im Schlaf sitzen, denn erst dann können sie ihre volle physische Präsenz ausspielen. Für diesen Film haben wir im Schnitt nicht mehr als zwölf Takes gebraucht. Manche Szene haben wir im Schnee gedreht, und da müssen Sie fast notgedrungen den ersten Take nehmen, denn danach ist alles voller Fussabdrücke.
Nach welchen Kriterien haben Sie gecastet?
Blomkvist musste ein ganzer Kerl sein, der auch eine feminine Seite hat, der zuhören kann. Wir wurden in Daniel Craig fündig. Für Lisbeth Salander wollten wir ein unverbrauchtes Gesicht. Rooney Mara …
die in Ihrem Film «The Social Network» eine kleine Rolle hatte ...
...und da perfekt passte, weil sie verblüffend erwachsen und selbstsicher wirkte, Wärme ausstrahlte, sehr weiblich war, wie ein Wasserfall redete ... Eigentlich das genaue Gegenteil von Lisbeth Salander! Aber ich war sicher, dass Rooney all die Eigenschaften auch ins Gegenteil würde verkehren können. Bis die Studiobosse überzeugt waren, dauerte es allerdings eine Weile.
Sie stach Scarlett Johansson, Keira Knightley und Natalie Portman aus. Zu Recht: Schauspielerin Rooney Mara ist die Sensation in David Finchers Thriller «Verblendung».
An nur einem Tag verwandelte sich Rooney Mara vom mauerblümchenhaften US-College-Girl zu einer sonderbar kühlen Frau mit autistischen Zügen. Ihre langen Haare wurden geschnitten und pechschwarz gefärbt, ihr Kopf an einigen Stellen rasiert, die Augenbrauen bis zum Verschwinden gebleicht. Ihr wurden verschiedene Piercings gestochen, unter anderem in ihre Brustwarze.
Rooney statt Johansson, Knightley und Portman
Bis zu diesem Moment interessierte sich niemand wirklich für die New Yorkerin, die in «The Social Network» einen kurzen Auftritt hatte. In einer der Anfangsszenen gab sie Mark Zuckerberg nach einem Wortgefecht den Laufpass und brachte damit die gesamte Story ins Rollen. Doch so kurz Rooney Mara zu sehen war, so schnell ging sie wieder vergessen. Nicht aber beim wichtigsten Mann im Film, Regisseur David Fincher. Praktischerweise ist dieser auch der wichtigste Mann in der amerikanischen Version von «The Girl with the Dragon Tattoo», der seit Donnerstag im Kino läuft.
Fincher liess Rooney während Monaten immer wieder für die Hauptrolle vorsprechen, trieb sie an, sagte ihr, sie solle durchhalten, bis sie eines Tages kurz davor war, aufzugeben. «Was mache ich falsch?», habe sie gefragt. «Nichts! Halte einfach durch!», erzählt sie in verschiedenen Interviews über die aufreibende Casting-Zeit. Denn David Fincher wollte sie, nicht Scarlett Johansson, Keira Knightley, Natalie Portman oder all die anderen jungen Schauspielerinnen, die angeblich Schlange gestanden hatten für die Rolle der sonderbaren Hackerin Lisbeth Salander. «Daniel Craig meinte, dass ich auch privat alles andere als normal bin», sagt Rooney Mara gerne, ohne näher darauf einzugehen.
Audrey Hepburn mit Piercings
Die 26-Jährige ist schwer zu fassen. Auf dem roten Teppich wirkt sie wie ein scheues Reh und erinnert ein wenig an Audrey Hepburn. Ihr Filmpartner Daniel Craig hält sie oft im Arm, so, als müsste sie beschützt werden vor der bösen Welt – oder zumindest vor den vielen Fotografen. In Interviewsposaunt Rooney Mara dagegen Dinge aus wie «Ich bin nicht prüde» oder «Die Piercings waren einfach – zwei Finger breit Whiskey und los gings». Am Abend vor dem ersten Vorsprechen für «The Girl with the Dragon Tattoo» soll sie sich absichtlich bestrunken haben.
Bei Medienterminen wirkt Rooney Mara oft distanziert und lächelt selten. Sie antwortet eloquent, gibt jedoch nichts preis, was sie nicht will und bietet dabei genauso wenig Angriffsfläche wie ein Pressesprecher mit 30 Jahren Berufserfahrung. Was sie derzeit an Informationen streut, passt zu ihrer Leinwandfigur. Wo Rooney Mara aufhört und die kühle Lisbeth Salander beginnt, ist nicht ganz klar. Ihre Rolle, wenn es denn eine ist, spielt Mara perfekt.
Akribische Recherche
Aufgewachsen ist die 26-Jährige mit Eltern und drei Geschwistern in New York. Eigentlich heisst sie Patricia Rooney Mara (Rooney ist der Mädchenname ihrer Mutter). Ihre beiden Grossväter sind Gründer von Footballclubs (New York Giants und Pittsburgh Steelers). Eine Schauspielschule will Mara nie besucht haben. Stattdessen studierte sie Psychologie und Internationale Beziehungen. Erst durch ihre ältere Schwester Kate Mara («127 Hours», «Brokeback Mountain») soll sie auf den Geschmack der Schauspielerei gekommen sein. Nach ein paar Rollen in TV-Serien schaffte sie den Durchbruch in «A Nightmare on Elm Street».
Doch wirklich zu interessieren begann man sich erst dann für die 1 Meter 60 kleine Schauspielerin, als vor rund einem Jahr verstörende Fotos durch das Internet geisterten. Sie zeigten einen halb nackten, abgemagerten Punk mit gepiercter Brustwarze und abwesendem Blick – Rooney Mara als Lisbeth Salander, zu sehen auf dem ersten Filmplakat, das rasch wieder zurückgezogen wurde. «Darauf schaue ich mit totem Blick in die Kamera ohne jegliche Regung in meinem Gesicht. Ich glaube, das bringt die Leute völlig durcheinander.» Seither kennen alle ihren Namen und reden davon, dass sie ihre Figur noch eindrücklicher, verletzlicher darstelle als ihre Vorgängerin im schwedischen Original, Noomi Rapace. Niemand hatte dies für möglich gehalten.
Für ihre Rolle habe sie in einer Schule für Autisten recherchiert und in einem Zentrum für missbrauchte Frauen, so Rooney Mara in einem Interview mit n-TV. Sie lebte zudem für ein paar Wochen in Stockholm, hungerte, mied die Sonne, liess nur ihren Personal Trainer zu sich. Gerade eben wurde bekannt, dass Sony Pictures trotz schlechten Einspielergebnissen das Okay für die Fortsetzung von Stieg Larssons Trilogie gegeben hat. Rooney Mara wird ihre schnelle Verwandlung also eine Weile nicht mehr los.